9. PREIS • 2017 • terzo classificato sezione inediti

Europäisches Wasser

Claudia Oblok

Claudia Oblok

Geboren 1975 in einer Familie, die von den südöstlichen Ausläufern der Alpen (Zagorje, damals Jugoslawien, heute Kroatien) nach Deutschland auswanderte; Studium der Germanistik, Slawistik und Kunstgeschichte in Tübingen, Berlin und Zagreb; Lyrikübersetzungen und Übersetzung eines Theaterstücks aus dem Kroatischen bzw. Serbischen, Veröffentlichung des Gedichts „Callots Baum“ in der Literaturzeitschrift Poesiealbum neu 2/2017 „Steinbrech. Gedichte zu Pflanzen“, Edition kunst & dichtung, Leipzig 2017; aktueller Aufenthaltsort: Wien - am Fuße der nordöstlichen Alpen, zwischen Bergen und der pannonischen Tiefebene.

BegrÜndung der Jury

Ivan Novak ist ein Mann mit einer historisch dichten Vergangenheit. Aber in seinem heutigen Leben als Fensterputzer an einer Gebäudewand in Wien ist aus seiner ehemaligen Bildung an der Spitze des jugoslawischen Sozialismus nichts weiter geblieben als die Neigung zur Reflexion. Wie aus der Geschichte herausgefallen beobachtet Novak die heutige Zeit – eine Straßendemonstration, die Migrationswellen von Flüchtlingen – aus der Warte einer Ausgrenzung, eines persönlichen Untergangs, der sich nicht vom Niedergang der Fortschrittsillusionen trennen lässt. Die Gegenwart wechselt sich daher ab mit den ernüchterten Erinnerungen aus einer individuellen wie kollektiven Vergangenheit, deren Sinn heute zu wanken scheint. Eine narrative Meditation, die uns in Abschnitten und Abrissen vom heutigen Europa erzählt, von seinen neuen Widersprüchen und Ambitionen.

ErzÄhlung

ALTES WASSER
Ivan Novak hatte keinen Vergleich, aber es lag bestimmt an dem Wasser, das auf alten, vom Kaiser erbauten Aquädukten aus den Bergen in die Stadt geleitet wurde, dass die Fenster so sauber und klar wurden und die Sonne in den höheren Stockwerken, deren Fenster er putzte, darin glänzte, ja, leuchtete, wie in einem Spiegel.
Water from the mountains. Bei Stadtführungen hörte er das manchmal, wenn die Stadtführer vor einem alten Springbrunnen ihre Hände in das Wasser hielten. In welcher europäischen Hauptstadt konnte man im Stadtzentrum Bergwasser präsentieren?

DER PUTZEIMER UND DIE DEMONSTRATION
Fast hätte er den Wassereimer umgeworfen, als er die Parolen hörte und sich ruckartig umdrehte. Er putzte die Fensterfront eines Geschäftshauses im Zentrum, als eine unangemeldete Demonstration durch die Fußgängerzone führte. Vermutlich waren es Studenten und andere junge Leute, die sich dem linken Spektrum zuordneten. Er sah Fahnen mit dem kommunistischen Stern. Ob sie eine Ahnung davon hatten, was dieser Stern für Menschen wie ihn bedeutet hatte.
Man solle ihn erschlagen, wie einen räudigen Hund, hatte ihm ein Bekannter aus seiner kleinen Stadt gesagt, als er nicht abrücken wollte von dem politischen System, das offensichtlich am Zusammenbrechen war.
Über Nacht wurde aus dem Elitestudenten, aus dem Studenten der marxistischen Gesellschaftstheorie mit Aussichten auf einen Posten in der Führungsclique, ein Aussätziger, ein Vorgestriger, eine indiskutable Person.
Und da kamen diese jungen Leute, erfüllt von ihren Idealen, von ihrem Engagement und vor allem vom Gefühl auf der richtigen Seite zu sein und sprachen von linken Utopien wie von Küchenrezepten.
Sollte er da mitmarschieren, als alter Linker, wirklich Linker, akademischer Sozialist?
In seiner Arbeitskleidung mit nassen Händen und einem Abwischer in der Hand?
Die jungen Linken hier würden ihn als marxistischen Intellektuellen ebenso wenig akzeptieren wie alle anderen. Auch hier war er letztlich ein Hilfsarbeiter, ein Loser.
Ein räudiger Hund inmitten von Wohlstandskindern mit Gewissen.

VERGESSENE ARMEEN
Er war nie abgerückt. Wie ein Monarchist ohne Monarchie, der jedes Jahr den Geburtstag des Königs feiert. Wie ein alter Soldat einer längst vergessenen Armee, die irgendwo weitab in Schnee und Eis vergessen worden war. Und sobald die Soldaten sich, in ungeordneten Reihen, Hand auf der Schulter des anderen, in die Städte schleppten, wendeten die Menschen den Blick sofort ab, weil die geschlagene Armee ihnen, wie alle Kriegsveteranen zu allen Zeiten, peinlich war.

DIE ADRIA-LOGE
Was übrig blieb war ein Restleben mit Restkraft. Er hatte keinerlei Ambition mehr, etwas Außergewöhnliches zu schaffen. In keiner Beziehung. Er gab sich mit Frauen ab, die er in seinem früheren Leben nicht angeschaut hätte. Bei der Auswahl der Ehefrau spielte nur eine Rolle, daß sie einen Haushalt führen konnte und gesund war.
Früher hatte er die Hoffnung gehabt, eine Frau seines Schlages zu finden, die beste Stu-dentin seines Jahrgangs. Eine Frau wie seine Geschichtsprofessorin gewesen war. Eine frühere Partisanin, die nach dem Krieg die Waffe weggelegt und zu den Büchern gegriffen hatte. Aufzeichnungen brauchte sie nicht, sie hatte alles im Kopf. Nach dem Krieg baute sie das Land auf und sah gut dabei aus. Sie befreite sich von traditionellen Zwängen und kleidete sich – und das bis ins hohe Alter – in dem libertinären Stil der Sechziger. Behielt den Kurzhaarschnitt bei ungefärbten grauen Haaren. Wenn sie dozierte, lehnte sie sich mit den Händen an den Tischen ab und ein riesiger Steinanhänger baumelte hin und her. Es wurde gemunkelt, daß sie eine Freimaurerin sei. Daß sie zu einer so genannten Adria-Loge gehörte, die immer auf einer der tausend Inseln ihre Treffen abhielt und sehr viel trank.

DIE FURIE DES KRIEGES
In den Büchern der Staatsbibliothek versuchte er, die Statue zu finden, die – ohne ein Kriegsgeschehen abzubilden – den Wahnsinn des Krieges zeigte. Vielleicht war es ein Gemälde gewesen, und nur in seinem Kopf wurde es zu Marmor, da er sich zu jener Zeit mit Bildhauerei beschäftigt hatte. Die Furie – halb Mensch, halb Dämon – deren weit aufgerissene Augen Entsetzen zeigten – und auslösten. Mit einem verzerrten Mund, dessen Schrei man sehen konnte, Panik auslösend und sie bezeugend. Die Furie fegte über das Land. Mehr ein Sturm als nur ein Wind. Und statt Regen fiel Blut auf die Erde.

VORWÄRTS, VORAN, VORAN!
Die sozialistischen Statuen zeigten in nur eine Richtung: in die Zukunft.
Vorwärts, voran, voran! Der Blick war kämpferisch und siegessicher. Und er hatte das geglaubt.
Nichts davon war übrig. Zukunft hieß gerade so bezahlte Rechnungen, hoffen, nicht zu alt zu werden, Ermüdung der Knochen. Und im Hier und Heute lebte er auch nicht. Er existierte lediglich. In einer Zeit, die sich selbst erledigte. Die Zeit der toten Zeit.

DER ALTE PROFESSOR UND DER SCHNAPS
„Frieden“ klingelte seine Kindheit, seine Pubertät, sein junges Erwachsenenalter hindurch. Mit diesem Wort war er aufgewachsen. Sie leben, arbeiten, kämpfen für den Frieden. Natürlich. In permanentem Gegensatz zu den anderen.
Was es aber bei ihnen nirgends und zu keiner Zeit gegeben hatte, waren so genannte Friedensinstitute, Friedensforschungsinstitute und das dazugehörige Personal.
Krieg und Frieden ergab sich aus den Umständen im Land. Was sollte da erforscht werden? Den Glauben an diesen Berufszweig zum Wohle der Menschheit verlor Ivan Novak vollends, als er diese Frau im Fernsehen über den Krieg in Jugoslawien reden hörte. Die Menschen hätten halt nicht gelernt, miteinander zu reden. Das war die Erklärung.
Die verachten uns total, dachte er. Als ob es eine Frage der Teilnahme an einem Sitzkreis sei, die totale Zerstörung aufzuhalten. Wahrscheinlich glaubte diese Frau mit den ungewaschenen Haaren im selbst gestrickten Pullover, daß man es ihnen nur wie kleinen Kindern erklären müsste, wie das Reden richtig funktioniert, und schon gäbe es keine Konflikte mehr. Und was genau war noch mal der Beruf: Konflikt-, Friedens- oder Kriegsforscherin oder Angestellte eines Konflikt- oder Friedensforschungsinstituts – denn Kriegsforschungsinstitute gab es nicht, da im Westen der Krieg undenkbar geworden war.  Und zu welchem Zweck? Zur institutionalisierten Besserwisserei und zur Demonstration der eigenen moralischen Überlegenheit und Toleranz – sogar ihnen, den zurückgebliebenen Hinterwäldlern gegenüber, denen man in unendlicher Geduld beibringen müsse zu kommunizieren. Auf die richtige und korrekte Art und Weise.
Nein, sein alter Professor hatte es auf den Punkt gebracht. Es war viel einfacher. Bei jedem Konflikt, vor jedem Krieg, stelle er sich, sagte er ihm in seinem verrauchten Sprechzimmer, eine Frage: Ist es so, dass die verfeindeten Parteien überhaupt miteinander reden wollen?
Er holte eine Flasche Schnaps und zwei Gläser aus seinem alten Aktenschrank.

RAKIJA
Ein paar Mal hatte er aus dem Sommer, nachdem er wieder einreisen durfte und nicht mehr staatenlos war, Brunnenwasser mitgebracht, um Slivovic selbst zu destillieren. Aber es war jedes Mal eine Enttäuschung. Als brauche es auch die Luft und alles, was sie transportiert, um eine Rakija zu brauen, die auch ihn berauschen hätte können.

BADEL UND DER ÄTHIOPIER:
Ivan Novak war froh, daß niemand in seinen Kopf schauen konnte. Niemals hätte er öffentlich gesagt, bei welchen Gedanken er sich manchmal ertappte. Daß er froh war über seine helle Haut. Nicht nur weiß, sondern ausgesprochen blass. Und über seine blauen Augen, „blau wie die Donau im Frühling“ hatte seine Großmutter immer gesagt. Wenn er den Mund nicht aufmachte und sein slavischer Akzent augenblicklich seine Sprache färbte, hätte er als Österreicher durchgehen können. Er sah nicht allzu fremdländisch aus. Eingeweihte erkannten vielleicht die Drauebene in seinem Gesicht, aber das waren nur wenige.
Zum Glück war da nichts allzu Dunkles- auch das Haar war nicht schwarz, sondern haselnussbraun. Die Freude war größer als die Scham in seinem Inneren – im Herzen eines alten Marxisten. Wie peinlich! Vor allem, da gerade er immer die Völkerfreundschaft mit den Blockfreien so hochgehalten hatte.
Vor einigen Jahren war er mit einem Äthiopier ins Gespräch gekommen, auf dem Flur eines Amtes. Der Äthiopier war ein wenig älter und freute sich sichtlich, als er ihm erzählte, daß er aus Jugoslawien kam. Ein Alleinstellungsmerkmal über Linoleumboden. Der größte und wichtigste Platz in seinem Heimatort, so erzählte der Äthiopier, sei bis zum heutigen Tag nach Tito benannt. Noch immer genieße dieser größten Respekt. Das alles war kein Zufall, daß in dem Lokal, das keine Diasporalokalität war, in der Spirituosenauswahl ein Badel-Slivovic vertreten war. Wie ein letzter Aufrechter wartete er in seiner hellgrünen Ummantelung.
Er nötigte den Äthiopier, weiter zu trinken, als dieser schon längst abwinkte.
Ob er nicht trinke, weil er Sportler sei und so schnell renne, wie so viele Äthiopier.
Schon lange hatte er mit niemandem mehr über die glorreiche Geschichte der Blockfreien gesprochen, es war so weit weg, wie das Matriachat oder die Pariser Kommune. Und plötzlich war da jemand, der wusste, was ihnen verloren gegangen war. Daß sie einmal in derselben Mannschaft gespielt hatten.
Und nun musste er sich eingestehen, daß gerade er klammheimliche Freude empfand, daß er in Haut, Haaren und Augen nichts Schwarzes an sich hatte, dass er den Anschein machte, dazu zu gehören.

DER MORGENSTERN SCHLÄFT HINTER WOLKEN
Diese Kolonnen hielt er überhaupt nicht aus. Wie damals. Archaisch und voller Grauen. Sein Herz brach, als er das gesehen hatte. Die Kolonnen von verzweifelten Menschen, die eine gefallene Stadt verlassen mussten. Damals, als der Krieg in Jugoslawien ausgebrochen war.
Aber irgendetwas war anders. Diese gut gelaunten, vitalen jungen Männer. Er war auch ein junger Mann gewesen, aber er hatte es selbst hier in Wien nicht gewagt, den Blick zu heben. Da haftete kein Krieg, kein Zusammenbruch an ihren Gesichtern. Er bekam regelrechte Aversionen gegen sie. Wo sollten die alle hin? Wo würden sie arbeiten? Sie würden in dieselben Wohnungen drängen wie er und die gleiche Arbeit machen. Auch sie würden Fenster putzen mit sauberem Alpenwasser, auch die älteren unter ihnen, auch wenn sie zuhause Ärzte, Anwalte und Geschäftsleute gewesen waren. Sie sollten wegbleiben und sich ihren Weg nach Europa nicht erstreiten.
Und trotzdem sah er sie zwischen ihnen. Die Verzweifelten. Die Kolonne.
Ihm fiel ein altes Lied aus seiner Gegend ein. Knechte mit schwieligen Händen und müden Beinen suchten in der Nacht den Weg nach Hause, während die Finsternis hinter ihnen herschlich wie eine Zauberin und der Mond und der Morgenstern schon hinter den Wolken schliefen. Während die Knechte noch immer weiter gingen.

DAS AQUARIUM
Geht nach Hause, hier wartet nichts auf euch! Die wollen euch hier nicht! Glaubt nicht, was die versprechen, sonst sterbt ihr alle im Meer!
Er merkte nicht, daß er mit dem Wischer wedelte, als würde er winken, und sehr laut dabei sprach.
Er sah in das Glas wie in dunkles Wasser und gewahrte, wie Gesichter darin zum Vorschein kamen. Langsam schimmerten sie aus der Dunkelheit hervor.
Anzugträger in einem Meetingraum, die den Kopf zu ihm gedreht hatten und in ihren Bewegungen innehielten. Bevor jemand sich zu einer Reaktion aufraffte, verließ er diesen Fossilienpark und fuhr das Gestell eine Etage höher. Er sah noch, wie sie ihm mit immer noch unbeweglichen Köpfen nachschauten, bevor sie die Köpfe senkten, um über ihn zu reden.

WEISS IN SCHWARZER ERDE
Ivan Novak freute sich jeden Abend im Bett auf den Augenblick, da er am nächsten Tag von der Arbeit nach Hause kommen würde, mit um einen Tag gealterten Knochen. Nachts liegen sie weiß in seinem Körper wie in schwarzer Erde. Tagsüber reckten sie sich vor den Fenstern der Hochhäuser auf den Gerüsten der Sonne und dem Ende des Arbeitstages entgegen.

HELFENDE HÄNDE
Mehr noch als gegen die Flüchtlinge hatte er etwas gegen all die Helfer. Wie sie sich gegenseitig auf die Schulter klopften, sie sich im Verbund mit Politkern; Journalisten etc. kollektiv ein riesengroßes Herz attestierten und ständig darauf hinweisen mussten, wie großartig dieses Engagement war. 
Dieses Wort konnte er nicht mehr hören.
Er hatte nicht gedacht, daß er Nietzsche jemals Recht geben würde. Dabei interessierte ihn diese Untermenschengeschichte überhaupt nicht. Sondern die Ideen zur Selbstlosigkeit. Nach ihm gab es diese nicht. Niemals. Unter keinen Umständen. Selbst beim wohltätigsten Verein nicht. Es gab immer einen Nutzen. Oft sogar einen ersichtlichen. Zumindest aber einen nicht ersichtlichen. So gut wie nie wird von einer guten Tat nicht erzählt, und in dem einen Prozent der Fälle, wo das der Fall war, da sprach man sich die moralische Überlegenheit selbst zu. Heftete sich den Orden selbst an. Und irgendwer – im Himmel oder auf Erden, würde es schon noch sehen.

DAS MEER UND DIE AUSWANDERER
Für den Rest des Lebens trennte es die früheren Auswanderer von ihrem bisherigen Leben. Sie wollten im Sommer nicht einmal baden, keinen Fuß tauchen in das trennende Element.
Und dann, lange Zeit für uns, helle Sommer. Die Sehnsucht nach dem blauen Wasser, nach der funkelnden See, nach dem Salzgeruch.
Und seit einigen Jahren das Meer in seiner Weite, Ruhe und Rücksichtslosigkeit. Sterbelaken über den Ertrunkenen. In sanften Wellen spült es die Leichen ans Land.

 

TIEFE WASSER
Ivan Novak konnte sich nicht auf das Fensterglas konzentrieren. Er hatte zwar bemerkt, wie malerisch die Sonne den Kahlenberg beschien, wie die Donau glitzerte. Anders als sonst konnte er sich an der Schönheit nicht erfreuen. Er bemerkte nicht, wie die Rot-, Gelb- und Orangetöne sich im Glas spiegelten.
Gestern im Fernsehen wieder diese Bilder von der Hoffnungslosigkeit. Wie waren erst die Bilder, die er gar nicht zu sehen bekam? Größer als sein Mitleid war allerdings die Wut auf diese Leute, weil sie sich auf die Überfahrt in Nussschalen eingelassen hatten. Es sah so grauenvoll aus, dieses kleine Boot im unendlichen Meer. Schutzlos in Sonne, Wind, Regen, Sturm. Entgegen aller Versprechungen war er losgebrochen und das Schiff schwankte bedrohlich. Die Leute fingen an zu schreien, die Kinder weinten. Doch da kam sie, die Rettung. Ein Schiff näherte sich ihnen, und sie wollten alle die ersten sein, um an das sichere Deck zu kommen. Eine Mutter streckte ihr kleines Kind der Besatzung entgegen, doch sie sah die Welle nicht, die auf das Boot zurauschte. Ivan Novak schrie: Tu das nicht! Aber sie hörte nicht. Sie streckte die zitternden Arme mit dem weinenden Kind noch immer aus. Als die Welle das Boot erreichte, machte Ivan Novak einen Sprung, um das herunterfallende Kind aufzufangen.
Das Wasser und die Luft waren so plötzlich da. So schnell konnte kein Mensch sich zurechtfinden, im Sinken und im Fallen. Die Nacht und das Wasser umfingen sie dunkelblau und warm.
Die Sonne ging später auch an diesem Tag still und unspektakulär unter,
über Wien, über dem Meer, über der Welt.